Unser Kind stirbt - Wenn Eltern trauern

Der Tod des eigenen Kindes trifft Familien in der Regel unverhofft. Viele Familien drohen unter der Belastung dieses Ereignisses körperlich und seelisch zu zerbrechen.

Etwa 16000 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende sterben jährlich in der Bundesrepublik Deutschland. Die meisten von ihnen beenden ihr Leben bereits, ehe es wirklich begonnen hat: nämlich vor, während oder kurz nach der Geburt. Die nächstgrößte Ursachengruppe für den Kindertod sind Unfälle (insbesondere Verkehrsunfälle). Erst an dritter Stelle ist eine Todesart zu nennen, die den Familien eine Vorbereitungszeit lässt; gemeint ist der Tod an Krebs. An vierter Stelle steht dann schon wieder eine plötzliche Todesart, der besonders im Jugendalter häufige Tod durch Suizid.

Der Tod des eigenen Kindes trifft Familien also in der Regel unverhofft. Viele Familien drohen unter der Belastung dieses Ereignisses körperlich und seelisch zu zerbrechen. Umso wichtiger ist es, dass mehr Menschen wissen, was Eltern in der Zeit der Trauer benötigen. Denn viele Eltern erleben es - und dies verletzt sie zusätzlich -, dass Mitmenschen sich aus Unsicherheit und eigenen Ängsten heraus von betroffenen Familien zurückziehen.

Der Trauer Zeit lassen

Was trauernde Familien brauchen, ist Geduld, unendlich viel Geduld. In erster Linie wünschen sich die meisten Familien, sobald die Phase des ersten Schocks etwas abgeklungen ist, dass ihrer Klage geduldig gelauscht wird. Wenige Dinge verletzen sie in dieser Zeit mehr, als wenn ihnen - sei es auch in noch so gut gemeinter Absicht - Ratschläge erteilt werden. Zu einem Durchleben der Trauer gehört das Klagen und Jammern, das sich mit seinen Erinnerungen immer wieder im Kreise dreht.

Und dann braucht Trauer Zeit, unglaublich viel Zeit — nicht Monate, sondern Jahre — damit die Wunden, wenn schon nicht heilen, so doch wenigstens vernarben können.

Selbsthilfegruppen helfen

Diese Geduld und Tragfähigkeit, Eltern in ihrer Klage zuzuhören, immer und immer wieder dieselben ins Leere stoßenden Fragen nach dem Warum anzuhören, bringen wohl auf Dauer nur diejenigen auf, die Ähnliches selbst erlebt haben. Deshalb sind unter den Helfenden in diesem Bereich diejenigen, die selbst betroffen sind, so besonders häufig anzutreffen. Deshalb haben sich auch Selbsthilfe- Zusammenschlüsse betroffener Mütter und Väter als besonders hilfreich erwiesen. Solche Selbsthilfegruppen „Verwaister Eltern", wie sie sich nennen, gibt es mittlerweile in Deutschland fast in jeder größeren Stadt der alten Bundesländer. Die Gruppenmitglieder wissen, dass sie durch dieses Gesprächsangebot Mitbetroffenen das Leid weder nehmen wollen noch können. Aber sie können sich dabei unterstützen, einen heilsamen Prozess einzuleiten und etwas von der Überzeugung zu vermitteln, dass es am Ende dieses schweren Weges wieder ein Licht geben wird. Sie wissen, dass diesen Weg gemeinsam zu gehen nicht unbedingt bedeutet, den Weg kürzer zu machen, aber dass es dazu hilft, ihn wenigstens nicht einsam gehen zu müssen.

Wann aber endet Trauer?

Dies ist eine Frage, die auch solche Gesprächsgruppen trauernder Eltern immer wieder bewegt. Die Antwort der Erfahrenen hierauf lautet ganz lapidar: Nie! Das klingt provozierend und ist vielleicht auch so gemeint. Damit wird ausgedrückt, dass es für trauernde Menschen und insbesondere für trauernde Familien nie mehr eine Rückkehr „ins normale Leben" geben kann. Der Tod des eigenen Kindes gehört zu den tiefsten Wunden, die Menschen treffen können. Aber Eltern können eines Tages lernen, mit dieser Narbe zu leben. Ihr Leben wird sich entscheidend verändert haben. Vielleicht finden sie aber auch die Kraft, sich durch dieses Ereignis verwandeln zu lassen und schließlich wieder - womöglich auf eine besonders tiefe Weise - Vertrauen in das Leben zu gewinnen.

Was also Familien sterbender Kinder besonders benötigen, ist emotionale Hilfe. Nachfolgend finden Sie die Adresse der Hauptkoordinationsstelle Verwaister Eltern in der Bundesrepublik. Hier kann man sich Rat holen oder die Adresse der nächsten Anlaufstelle erfahren.

Johann-Christoph Student

Der Bundesverband Verwaiste Eltern in Deutschland möchte Betroffenen und deren Umfeld Erste Hilfe geben, indem er zu einem Kontakt zu einem regionalen Ansprechpartner verhilft. Darüber hinaus sollen Betroffene, Selbsthilfegruppen und Helfer vernetzt werden.
www.veid.de

Das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz hat eine Arbeitshilfe (Nr.174) herausgegeben:

„Wenn der Tod am Anfang steht - Eltern trauern um ihr totes neugeborenes Kind – Hinweise zur Begleitung, Seelsorge und Beratung“,

die im Internet als Download zur Verfügung steht

oder unter folgender Adresse zu bestellen ist:

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz
Kaiserstr. 161
53113 Bonn
Tel: 0228/103-0

www.dbk.de